Ein kleiner Nachtrag zum Artikel über Schuld. Ein Interview mit dem Philosophen Wilhelm Schmid. (mal ein lebender Philosoph :-)
Spricht mir aus der Seele: Schuld hat eine soziale Funktion, aber hilft „Schuld“ wirklich das „Leid“ zu verringern?
Interessant finde ich den Gedanken, dass Schuld der Ohnmacht entgegenwirkt:
…
Wir können nicht alles kontrollieren, sind aber nicht mehr geübt darin, Ohnmacht zu akzeptieren. Stattdessen werden Fehler und Schuldige gesucht. Kommt daher die Idee, jemand müsse an einem Schicksal schuld sein?
Die Schuldfrage haben wir aus dem Christentum übernommen. In diesem Denken ist man ja schon mit der Geburt schuldig. Ich bin nicht mal sicher, ob es so was wie Schuld wirklich gibt. Ich sehe ein, dass es für das soziale Funktionieren einer Gesellschaft sinnvoll ist, Schuld zuzuschreiben.
Aus Sicht mancher Psychologen gilt das Empfinden von Schuld als eher zu ertragen denn das Gefühl kompletter Ohnmacht, weil Ohnmacht Ausgeliefertsein bedeutet und Schuld einen Rest von Kontrolle beinhaltet.
Für Menschen, die mit Leid konfrontiert sind, ist es sehr schwer zu realisieren, dass es blanken, sinnlosen Zufall gibt. Daher kommt die Fragestellung, was man hätte tun können, um das Leid zu verhindern – und daraus resultiert der Schuldgedanke. Es gibt tausend Momente, an denen wir hätten anders handeln können. Aber die Kette der folgenden Ereignisse kann man in keinem Fall voraussehen. Daran ändert sich niemals etwas.
Aus Sicht mancher Psychologen gilt das Empfinden von Schuld als eher zu ertragen denn das Gefühl kompletter Ohnmacht, weil Ohnmacht Ausgeliefertsein bedeutet und Schuld einen Rest von Kontrolle beinhaltet.
Für Menschen, die mit Leid konfrontiert sind, ist es sehr schwer zu realisieren, dass es blanken, sinnlosen Zufall gibt. Daher kommt die Fragestellung, was man hätte tun können, um das Leid zu verhindern – und daraus resultiert der Schuldgedanke. Es gibt tausend Momente, an denen wir hätten anders handeln können. Aber die Kette der folgenden Ereignisse kann man in keinem Fall voraussehen. Daran ändert sich niemals etwas.
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aus www.stuttgarter-zeitung.de, Beitrag vom 01.01.2015
Wenn jemand Schuld hat, ist das einfacher zu ertragen, als wenn alles Leid bloßer Zufall ist. Im Interview wird weiter argumentiert, dass es in früheren oder anderen Kulturen das „Schicksal“ war, dass einem das Leid-Ertragen vereinfachte. Heute glaubt kaum noch jemand an ein gottgegebenes Schicksal – jeder hat alles selbst in der Hand – Self-Made ist das Motto!
Also sind die Menschen auch alle selber schuld… Ist das so? War das so? Gab es früher weniger Schuld und mehr Schicksal?