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Wenn in Projekten Ärger über die Erwartungen des Kunden aufkommt ist die Ursache oft schnell gefunden:
Der Kunde ist blöd. „Der weiß gar nicht, wie viel Arbeit das ist!“
Natürlich ist der Kunde nicht blöd – vor allem wenn man den Kunden fragt. :-) Genauso wie Designer und Programmierer anders ticken, hat auch der jeweilige Projektleiter des Kunden wenig Einblick in die technische Umsetzung. Deshalb hat er die Softwarefirma engagiert: Er kann es nicht selber – genauso wenig wie ich sein Geschäft leiten kann. (Jedenfalls nicht von heute auf morgen :-)
Wenn es zu Missverständnissen kommt, ist daher die Ursache normalerweise nicht der Kunde, sondern die Kommunikation. „Wir hätten mehr kommunizieren müssen!“ heißt es in so einem Fall. Warum sonst weiß der Kunde nicht, wie viel Arbeit das ist?
Aber heißt mangelhafte Kommunikation gleich, dass wir einen Mangel an Kommunikation haben? Müssen wir mehr kommunizieren? Uns ständig anrufen und sagen wie es uns geht?
Der Handwerker
Meine Heizung ist kaputt. Ich habe einen Termin mit einem Handwerker ausgemacht. Ein dufter Kerl. Er ist ein Freud von mir und ich sehe ihn fast jeden Tag. Heute um zehn Uhr will er bei mir vorbeikommen. Glücklicherweise wohne ich nicht weit vom Büro entfernt und muss mir nicht den halben Tag frei nehmen. Viertel vor zehn bin ich in der Wohnung. Fünf Minuten später ruft er an und teil mir mit, dass er erst zwei Stunden später kommen kann. Der vorherige Termin verlängert sich und er hat noch eine Stunde Fahrt vor sich. Ich bin sauer.
Erwarte ich hier auch zuviel von meinem Dienstleister, wie ich im letzten Artikel zuviel von meinem Mitarbeiter erwarte? Nein, denn das ist die Leistung für die ich ihn bezahle (oder bezahlen wollte…): Er soll seine Arbeit machen und das zu den gemeinsam ausgehandelten Bedingungen zu denen auch der vereinbarte Zeitpunkt gehört.
Und ich bin nicht sauer, dass er überhaupt zu spät kommt. Das kann passieren. Aber er sollte rechtzeitig Bescheid geben. Dass der andere Termin länger dauert und dass er noch eine Stunde fahren muss, das wusste er auch schon vorher. Ein kluger Mann hat mir mal gesagt, man sollte mindestens soviel vorher Bescheid geben, wie man denkt, dass es länger dauert.
Besser spät als nie kommt mein lieber Handwerker. Er sieht, dass ich sauer bin aber ist sich keiner Schuld bewusst: „Ich habe doch vorher Bescheid gesagt. Das passiert halt manchmal, da kann ich ja auch nix dran ändern.“ Wir trinken erstmal einen Kaffee und beruhigen uns. Irgendwann hat er auch meine Seite verstanden und wir lachen wieder. Er erlässt mir 50 Euro von den veranschlagten 200 und macht sich an die Arbeit meine Heizung zu reparieren. Nach zehn Minuten sagt er mir, dass ein Teil kaputt ist, welches 500 Euro kostet. „Das ist in 50 Prozent der Fälle die Ursache“, sagt er. Aber dann kostet das ganze nun ja doch viel mehr frage ich ihn? Er erwidert nur: „Das ist halt leider so, da kann ich auch nix dran ändern“… Komischerweise war meine gute Laune nun wieder dahin.
Das Problem in Projekten ist oft nicht ein Mangel an Kommunikation sondern angemessene Kommunikation. Ich kann täglich mit meinem Kunden reden und plötzlich haben wir ein unvorhergesehenes Problem. Ein Vergrößerung der Aufwände. Ein neuer Button der zwei Wochen Arbeit bedeutet. Das kann immer passieren, aber Ziel muss sein diese Fälle so selten wie möglich auftreten zu lassen.
Der Kunde kann nicht über technische Eventualitäten Bescheid wissen. Ich muss dem Kunden den Weg weisen und ihm zeigen welche Steine auf dem Weg liegen können. Von mir muss er erfahren, dass die Abkürzung über die Schlucht recht lange dauern kann, da wir erst eine Brücke bauen müssen. Ich muss ihn führen über die Wege, die er nicht kennt.1
Kundenführung
Googelt man nach „Kundenführung“ finden sich interessanterweise als erstes Artikel wie diesen über Kundenleitsysteme in Geschäften. Oder es sind Artikel über die Kundenführung im Online-Shop.
Das Grundthema ist aber jeweils das gleiche:
- Übersichtlichkeit
- Orientierung
- Kundenerwartungen managen
Ein gutes Bild ist sich selbst wie einen Führer bei einer Wüstendurchquerung zu sehen. Der Kunde hat ein Ziel. Wie er dahin kommt weiß er nur ungefähr. Dafür hat er uns. Er schenkt uns das Vertrauen ihn gut ans Ziel zu bringen (oder schnell, oder günstig – am besten alles drei auf einmal :-) Auf der Reise werden wir ihm zeigen müssen, dass wir den Überblick haben und uns orientieren können.
Der Kunde muss Vertrauen darauf haben können, dass wir die Probleme lösen, die uns jeden Tag begegnen werden. Wenn ich bei der Safari meinem Kunden jeden Tag ein leckeres Essen koche und mich über Gott und die Welt mit ihm unterhalte, haben wir bestimmt ein tolles Verhältnis. Fragt er mich dann wo wir gerade sind, sollte ich das lieber wissen.
Es reicht nicht zu reden, sondern ich muss ihm auch ankündigen können was ihn morgen erwartet, welche Probleme auf uns zu kommen können und wie wir darauf regieren könnten.
Das Prinzip muss sein: (Seine) Überraschungen vermeiden – wie es der Handwerker hätte tun können. Überraschungen zerstören Vertrauen, denn durch sie kommt leicht der Gedanke auf, wir hätten es nicht im Griff/keinen Überblick/keine Orientierung. Ich muss antizipieren was der Kunde heute und was er morgen denken, machen, fragen wird.
Dennoch wird es Überraschungen geben, und es ist gut, wenn es sie gibt. Wenn es nie eine gab und ich nie zeigen konnte, dass ich damit umgehen kann, wird die erste Überraschung um so überraschender sein. Kommt während unserer Reise ein Löwe um die Ecke, dann ist es viel beruhigender für meinen Kunde, wenn ich vorher zumindest mal einen Fuchs erlegt habe…
To be continued…
[…] können Kunden von mir und was kann ich von Mitarbeitern […]