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Ein Freund stellte mir letztens diese Frage und schickte mir dazu den Link auf diesen Artikel im Harvard Business Manager. Ja gute Frage. Was motiviert mich? Geld? Freude? Aber für was brauche ich überhaupt Motivation? Um zu arbeiten? Oder überhaupt aufzustehen? Ist das Gegenteil von Motivation die Depression bei der ich einfach liegenbleibe?

Letztlich ist es für mich eine Frage des Wohlfühlens, der Zufriedenheit – des Glücklichsein. Man möchte sich wohlfühlen mit dem was man tut – egal ob es bei der Arbeit oder in der Freizeit ist – ich möchte, dass mein Leben mir gefällt.

Das die Korrelation zwischen Zufriedenheit und Gehalt relativ gering ist, das glaube ich sofort. Zumindest bei geistig fordernden Aufgaben. Andere – langweilige – Aufgaben macht man nur dann wenn man es unbedingt nötig hat oder das Gehalt richtig gut ist.

Und was macht mich zufrieden? Nun ich glaube man hört nie auf das herauszufinden :-) Das macht es ja gerade interessant. Und das ist vielleicht auch schon die kurze Antwort: Mich motiviert, was mich interessiert. Aber das verschiebt die Frage nur aber auf lange Sicht es ist auch ein ständiges Wechselspiel zwischen

  1. zu (glauben zu) wissen was einen gefällt/interessiert,
  2. den Dingen um einen herum, den Context der sich ständig ändern,
  3. der Veränderung des Selbst, der Anpassungen an die neuen Dinge, den Entwicklungen, die man bewusst oder unbewusst durchläuft.

Im folgenden RSA Video werden 3 Hauptfaktoren genannt, die zu persönlicher Zufriedenheit führen:

  1. Selbstständigkeit – ich möchte selber steuern können was ich tue,  
  2. Verbessern – ich möchte meine Fähigkeiten entwickeln und verbessern können
  3. Zweck – das wichtigste! Ich möchte Dinge tun die einen Zweck haben, sinnvoll sind.

Selbstständigkeit 

Die Selbstständigkeit ist bei verschiedenen Menschen sicher am unterschiedlichsten ausgeprägt. Wenn man einen Firmenchef fragt, sieht er sich selbstständiger als viele seiner Angestellten, die – in seinen Augen – nur tun was man ihnen sagt. Aber alle wollen ihren Interessen folgen, nur ist das nicht immer eine Firma zu leiten. Jeder von Ihnen weiß, dass man Dinge tun muss, die einem nicht gefallen. Man macht sie dennoch, da sie dazu beitragen, dass es einem im Großen und Ganzen gefällt. Wenn diese Dinge – der Mist – überhand nimmt, dann wird man unzufrieden.

Wobei das eine soziale Komponente hat: Muss ich im Vergleich zu anderen mehr “Mist” machen, dann werde ich unzufrieden. Ziehen wir aber alle am gleichen Mist-Strang, dann ist es ok – kann sogar motivierend sein. Das ist wie beim Gehalt: Mehr Geld macht nicht glücklicher, aber weniger als die anderen darf es auch nicht sein. Innerhalb dieses sozialen Vergleichs möchten alle wählen können, was sie tun.

Verbessern

Das Besser werden ist sicher auch eine wichtige Komponente der Motivation. Wenn ich immer nur die gleiche Routine durchführe und nichts ändern oder verbessern kann, dann werde ich mit der Zeit unzufrieden. Und Fähigkeiten zu entwickeln macht auch ungeheuer Spaß! Auszutüfteln warum das in der Projektleitung nicht geklappt hat, raus zu finden warum dieses oder jenes missverstanden wurde. Gut, ok: zuerst ist es frustrierend. „Warum raffen die das nicht“ :-) Danach erst merkt man, dass man eigentlich ärgerlich auf sich selbst ist, da man etwas nicht vermitteln konnte.

Beim Besser werden spielen Emotionen eben eine wichtige Rolle, gerade wenn man an Grenzen der eigenen Fähigkeiten stößt. Das gibt den Anreiz sie zu verbessern. Auch Anerkennung ist dabei ein starker Faktor. Wer sieht sich nicht gern unabhängig von der Meinung anderer. Aber mal ehrlich: das gibt es nicht. Ein Lob für etwas, auf das auch ich stolz bin, motiviert mich und Kritik macht mich nachdenklich oder demotiviert mich. Mit der Zeit lernt man auch den Ärger der anderen im Kontext zu sehen: schlechte Laune, enttäuschte Erwartungen, nicht persönlich gemeint. Aber Himmel – man ist doch weit davon entfernt, jede Minute jeden Kommentar absolut Dalai-Lama-gelassen hinzunehmen.

Zweck

Und zu guter Letzt – das in meinen Augen wichtigste: der Zweck – das Warum ich etwas tue. Ich habe auch schon erfahren müssen, wie frustrierend es sein kann lange an etwas zu arbeiten, das dann einfach nicht weiter getragen wird. Ich schätze fast jeder Softwareentwicklern hat mehr als ein Projekt scheitern sehen.

Aber das ist sehr spezifisch. Auf lange Sicht braucht man einen Zweck, der bleibt. Vergängliches wie Geld, Anerkennung, Ruhm können das nicht sein – dass wussten schon die alten Philosophen.

Jeder kennt Phasen in denen er sich fragt: Warum das Ganze. Was hat das für einen Zweck. Und das ist das faszinierende, weil er so nahe lag.
Der Zweck bin ich selbst. Das klingt egoistisch, aber in Wirklichkeit ist es die Basis dafür nicht egoistisch zu sein. Denn nur wenn ich glücklich bin mit mir selber oder zumindest (im Moment) weiß was mich glücklich macht, kann ich überhaupt erst andere glücklich machen – ein netter Nebeneffekt :-)

Deine erste Pflicht ist, dich selbst glücklich zu machen. Bist du glücklich, so machst du auch andere glücklich. Der Glückliche kann nur Glückliche um sich sehen.
Ludwig Feuerbach

Für mich ist es mein Ziel mich selbst zu entwickeln, neues zu lernen, gelerntes zu verbinden, mich zu begeistern. Das macht es für mich aus: Ich bin immer wieder begeistert, begeistert zu sein.

Das Tolle an so einem unkonkreten „Meta-Ziel“ ist, dass es fast egal ist was passiert, es hat immer etwas Interessantes, es kann immer begeistern, wenn man es nur zulässt. Es ist einfach spannend zu sehen wie die Dinge sind, wie sich die Technik entwickelt, wie Menschen sind, wie sich Beziehungen entwickeln, ihre Gründe für Handlungen zu verstehen, und wie ich in und mit den Dingen bin und auf sie reagiere.

Das ist auch das Interessante an diesem Artikel – ich möchte ihn schreiben und bin dadurch gezwungen das alles einmal in Worte zu fassen, was bisher nur vage herumschwirrte. Und das regt wieder andere Gedanken an. Worte sind Orientierungshilfen.

Aufmerksamkeit

Es gibt Ermüdendes, Frustrierendes und Schicksalsschläge (toi, toi, toi), die einem jede Begeisterung rauben. Ich habe für mich festgestellt, dass der Weg aus einer Frustration leichter fällt, wenn ich die Beobachterstelle einnehme – sehe wie ich überhaupt reagiere und es auch einfach mal zulasse – aufmerksam bin. Man kann nicht einfach immer aufmerksam und begeistert sein und das ist ok. Die Dinge sind wie sie sind. Begeisterung kommt nicht durch Zwang. Sie kommt durch das Wirken lassen.

Sehr schön wurde das in einem Radiobeitrag des SWR über Meditation beschrieben (ab 23:40): „Im Laufe jahrelanger Meditation wird Aufmerksamkeit zur tragenden Qualität des Befindens. Ob beim Bäcker, in endlosen Besprechungen oder in der Rushhour, erregt oder gelangweilt, wütend oder erleichtert – das sind keine Umstände mehr, die ich vor allem loswerden will. Das sind Zustände geworden, in die ich mich sinken lassen kann, die ich geschehen lassen kann, in denen ich bleiben kann.“

Für Begeisterung braucht es Aufmerksamkeit. Man muss die Dinge auf sich wirken lassen. Für Aufmerksamkeit braucht es Gelassenheit. Die Gelassenheit die Dinge erstmal nur zu sehen, zu akzeptieren wie sie sind, sie geschehen lassen.

Im Radiobeitrag bringt das ein Zen-Meister auf den Punkt. Beim ersten Hören klingt es verworren. Das scheint im Zen ja üblich zu sein. Aber lasst es euch mal auf der Zunge zergehen (ab 24:17): “ […] es hängt nur davon ab, wie lange wir brauchen, um zu kapieren, dass das, was ist, ist. Und dass nur das, was ist, ist. Und dass es nur so wie es ist, ist.“ (Alexander Poraj)

Die Kölschen haben das schon lange gewusst und im Grundgesetz verewigt: „Et es wie et es“, aber „Et bliev nix wie et wor“. „Et kütt wie et kütt“ doch „Et hätt noch emmer joot jejange.“ In diesem Sinne wünsch ich einen aufmerksamen Tag!