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Wem vertrauen Sie abends Ihre Kinder an. Einer 26jährigen mit einer abgeschlossenen Ausbildung als Kinderbetreuerin mit massig Erfahrung, die gestern erst neben Ihnen eingezogen ist? Oder der 16jährigen, die noch nie Kinder gehütet hat, die schon immer in Ihrer Straße wohnt und die Sie haben aufwachsen sehen. Die meisten nehmen die 16jährige – klar, denn sie hat eine gemeinsame Geschichte mit Ihnen und sie kennen und teilen viele Ihrer Überzeugungen.
Vertrauen durch eine gemeinsame Geschichte
Dieses Beispiel aus Simon Sinek’s Vortrag soll klar machen, wie wichtig Vertrauen ist, wie wichtig das Teilen von gemeinsamen Überzeugungen ist.
Und wie stellt man diese gemeinsamen Überzeugungen her? Hier greift wieder das Why aus dem letzten Artikel, von dem auch Sinek erzählt. Ihm geht es hier vor allem um die Firmenkultur. Erfolgreiche Startups werden meist von einem Gründer oder mehreren vorangetrieben, die die Vision der Firma in Worte packen können, die die Geschichte der Firma erzählen können.
Wenn die Firma wächst, geht der Kontakt zu diesen „Storytellern“ verloren. Man stellt jemanden ein, der jemanden einstellt, der jemanden einstellt, der jemanden einstellt. Und dann kommt es zu dem, was Sinek den Split nennt. Das „Was“ man macht wird immer erfolgreicher, aber „Warum“ man es macht wird immer verschwommener… und irgendwann hört man die Altgedienten sagen: „Es ist einfach nicht mehr das was es mal war“
Geschichtenerzähler, Storytelling – das klingt ein wenig nach Schamanen und Voodoo. Dabei gibt es einige Beispiele dazu aus der Wirtschaft. Steve Jobs oder Michael Dell: Deren Firmen verloren irgendwie den Fokus, nachdem Ihre Gründer die Firma verließen. Als sie zurückkamen ging es wieder fokussiert (und letzlich dann auch wirtschaftlich erfolgreicher) weiter.
Das Warum, die gemeinsamen Überzeugungen und die Geschichte der Firma müssen erzählt werden. „Steve (Jobs) war ein begnadeter Storyteller, der es schaffte eine Story zu designen hinter der die ganze Firma stand„, erzählt ein früherer Apple-Manager in dem Buch „Inside Apple“.
Storytelling wirkt auf viele Bereichen ein und wird im Zeitalter von Social Media immer wichtiger. Auf den simpleshow-Kundentagen – übrigens auch ein Produkt das sich unglaublich gut über Geschichten verkauft – wies Daniel Backaus darauf hin, dass die Unternehmen bereits im „Gerede“ sind. Über die Social Network Kanäle werden heute mehr denn je und für alle lesbar Geschichten über die Unternehmen erzählt. Als Unternehmer kann man die Geschichten nicht steuern, aber man kann mitmachen. Man kann an den Geschichten mitschreiben: Dialog 2.0.
Wenn Vertrauen entzogen wird
Über Storytelling kann man locker einen eigenen Blog-Artikel schreiben. Aber zurück zum Vertrauen. Über gemeinsame Überzeugungen Vertrauen zu schaffen, ist wichtig, damit ein Unternehmen dauerhaft funktionieren kann. Wenn ich mit Freunden über Ihre Arbeit bei größeren Konzernen spreche, dann hört man bei einigen raus, wie wenig dort auf Vertrauensbasis gearbeitet wird. Abteilungen arbeiten nur für sich. Man darf sich bloß nicht in die Arbeit des anderen einmischen. Es geht in vielen Fällen nur um Politik, aber nicht um das gemeinsame Erreichen von Zielen. Diese Firmenkultur kann nur funktionieren, solange die Konzerne genug Geld haben, um diese Spiele zu finanzieren. Denn wie viel Arbeitszeit dabei verschwendet wird und wie stark wichtige Änderungsprozesse blockiert werden, ist teilweise kaum zu fassen.
Ich selbst habe – zum Glück nur im Vereins-Umfeld – erfahren können, wie schnell einem das Vertrauen entzogen werden kann. Dazu reicht es aus gut gemeinte Hinweise zu geben, die als beleidigende Kritik aufgenommen werden. Gelernt habe ich dabei, dass es wirklich Menschen gibt, die diesen Zustand des „Misch dich nicht in meine Arbeit ein“ als Normalzustand ansehen. Das war mir nicht so bewusst. In meinem sonstigen Umfeld wird es begrüßt wenn jemand Ratschläge und Hinweise gibt oder Kritik übt. Aber offensichtlich gibt es mehr Auffassungen davon, was noch Kritik und was bereits Beleidigung ist. Ich zumindest freue mich immer über Hinweise, Ratschläge und auch Kritik – mag sie auch erstmal schwer sein. Letztlich kann man doch nur daraus lernen!
Ich hab mich gefragt, wie so eine Haltung des „Mich dich nicht ein“ entstehen kann. Sie kann meiner Meinung nach nur Angst-gesteuert sein. Erst kommt man in ein Unternehmen, in dem eine solche Kultur schon herrscht. Vielleicht hat man da noch einen gesunden Enthusiasmus. Dann merkt man, wie man angefahren wird, wenn man sich versucht einzubringen. Und man lernt, dass das gefährlich werden kann. Mitarbeiter bekommen Ärger oder sie werden sogar entlassen, wenn sie zu „aufmüpfig“ sind. Man beginnt seine eigene Motivation zurückzuschrauben – aus Angst. Und irgendwann passt man auf, dass andere sich nicht in den eigenen Bereich einmischen – aus Angst. Am Ende übernimmt man diese Haltung ganz. Und dann ist es nur noch ein kleiner Schritt dahin, dass man auch im privaten Umfeld oder im Verein nicht mehr davon lassen kann.
Das Krasse ist, dass diese Angst vor Einmischung, so unglaublich viel blockiert. Nicht nur den einen, der sich keine Hinweise mehr geben lässt, sondern eben auch alle anderen, die Ihre Motivation verlieren. Teamarbeit wird so systematisch blockiert.
Führung durch Vertrauen oder Angst?
Zudem blockiert Angst auch jegliche kreative Energie und Innovation. Prof. Dr. Gerald Hüther hat dazu einen tollen Vortrag gehalten:
Wie man eine Atmosphäre schafft in der man optimal denken kann, ist seine zentrale Frage. Wie man das Gehirn optimal als den Problemlöser einsetzen kann, als das es gedacht ist. Und da gibt es drei wesentliche Merkmale:
- Gelassenheit, statt stures Ziele verfolgen – ein Beifahrer lässt seine Gedanken schweifen, kommt auf Neues. Der Autofahrer der schnell ankommen will ist sehr eingeschränkt in seinen Gedanken.
- Begeisterung für ein Thema – wenn ein 80jähriger sich in eine Chinesin verliebt erstaunt es keinen, wenn auch er im hohen Alter noch Chinesisch lernt.
- Vertrauen, statt Angst!
Und da sind wir wieder beim Vertrauen. Machthaber (und nicht wenig Chefs :-) setzen gerne Angst ein um sich die Belegschaft gefügig zu machen. Ob das immer bewusst passiert sei mal dahingestellt. Aber wenn man einen cholerischen Chef hat, wird es schwierig mit Gelassenheit und Begeisterung innovativ zu sein. Man macht, was einem gesagt wird und kann sich im wahrsten Sinne des Wortes gar keinen Kopf machen für andere Themen. Man denkt nur darüber nach möglichst keinen Ärger zu bekommen.
Und dann ist auch klar, wie solche „Misch dich nicht ein“ – Atmosphären entstehen. Man stellt ein und stellt ein und stellt ein und am Ende hat man nur Chefs, die keine der gemeinsamen Überzeugungen teilen, die die Leidenschaft des Start-Ups nicht teilen. Vielen Chefs geht es dann nur noch um Ihre Zahlen, und nicht darum gemeinsam im Unternehmen etwas zu erreichen. Es entsteht ungesunde Konkurrenz und Wettbewerb und eine Atmosphäre der Abschottung und der politischen Kriegsspiele.
Es gibt auch den gesunden Wettbewerb. Gunter Dueck verwendet dafür den Begriff Wetteifer sehr schön: „Wetteifer speist sich aus innerer Herzblutenergie, Wettbewerb aber vom Druck aus allen Richtungen – da schielen wir auf andere, fühlen den Schmerz des Getretenen und fürchten das Ausgestoßenwerden“. Wetteifer geht nur in dem Vertrauen darauf, dass es nicht doch ein Wettbewerb ist.
Vertrauen ist ein höchst wichtiges aber auch zerbrechliches Gut. Vertrauen schaffen und zu erhalten geht nur durch Offenheit, Transparenz und Authentizität und eine gemeinsame Geschichte. Immer dranbleiben :-)
[…] zu guter Letzt – das in meinen Augen wichtigste: der Zweck – das Warum ich etwas tue. Ich habe auch schon erfahren müssen, wie frustrierend es sein kann lange an etwas […]
[…] Vertrauen und Austausch siehe auch die Wichtigkeit des Warum und des Storytelling in einem früheren Artikel […]
[…] nach der Schuld, gebiert eine Atmosphäre der Feindseligkeit. Vertrauen geht dabei verloren, dabei ist es so wichtig. Die Suche nach den Verursachern im Plural ist kaum noch möglich, wenn immer nur auf den […]
[…] Motivation: für mich und andere. […]
[…] Je standardisierter ein Prozess abläuft, desto reglementierter KANN ich den Prozess ablaufen lassen, um die Effizienz zu steigern. Das MUSS aber nicht immer “richtig” sein, denn es sollte klar sein, dass man durch Reglementierung eine Atmosphäre schafft, die die “kreativen Künstler” einer Firma bestenfalls behindert. Will ich Innovation, dann brauche ich so wenig Regeln wie möglich – den kleinsten gemeinsamen Nenner – damit die Mitarbeiter sich Ihre eigenen Gedanken machen können und keine ANGST haben müssen, vor dem Trommler und der Peitsche. Vertrauen ist hier sehr wichtig, wie es Gerald Hüther schön darstellt (siehe das Video in dem Arti… […]